Die Orgel
Das älteste bekannte Tasteninstrument ist nicht das Klavier oder das Cembalo, sondern die Orgel. Bereits im 3. Jahrhundert vor Christus erfand der Grieche Ktesibios ein Instrument, das durch Wasserdruck die komprimierte Luft konstant hält und damit Pfeifen zum klingen brachte. Die sogenannte Wasserorgel war geboren.
Bereits vor Christi Geburt war die Orgel in Griechenland sehr beliebt. Im Römischen Reich wurden diese "Wasserorgeln" sowohl im Zirkus und im Theater, als auch als Hausinstrument der Reichen geschätzt. Im 8. Jahrhundert kam die Orgel von Byzanz an den karolingischen Hof und von da an wurde sie nach und nach in den Kirchen eingesetzt. Ab dem 13. Jahrhundert etwa war sie dann auch hier etabliert. Heute erklingen Pfeifenorgeln nicht nur in Kirchen sondern auch in Konzertsälen, ja sogar in Kaufhäusern.
Die Orgel zählt zu den Aerophonen, das bedeutet, dass die Klänge mittels Luft erzeugt werden (aero=Luft) Sie ist also eher mit der Flöte und der Klarinette verwandt als mit dem Klavier, bei dem Saiten in Schwingungen versetzt werden, und dass deshalb eher mit dem Hackbrett oder der Harfe verwandt ist (Chordophon, Chorda=Saite).
Damit die Orgel nicht mit den neueren elektronischen Geräten verwechselt wird, nennt man sie auch Pfeifenorgel, es gibt mittlerweile auch elektronische Geräte, die einen orgelähnlichen Klang suggerieren.
Der Organist bedient vom Spieltisch aus das Instrument, indem er Tasten drückt und Register zieht. Hierdurch werden Ventile geöffnet durch die dann die Luft, die heutzutage durch einen Elektromotor erzeugt wird mittels Bälge von den Ventilkammern in die verschiedenen Pfeifen strömen kann. Die Orgel besitzt meist mehrere Pfeifentypen, Holzpfeifen und Metallpfeifen. Labialpfeifen (Tonerzeugung wie bei der Blockflöte), Lingualpfeifen (Tonerzeugung wie bei der Klarinette). Oft hat eine Orgel mehrere Werke. 1. Das Hauptwerk, in dem die mächtigeren Pfeifengruppen (Register) stehen 2. Das Schwellwerk (die Pfeifen stehen in einem Kasten, der mittels eines Trittes geöffnet und geschlossen werden kann – Jalousieschweller) oder das Rückpositiv (die Register befinden sich hinter dem Organisten – in seinem Rücken). 3. Das Pedalwerk (hier haben die tiefen Bassregister ihren Platz). Dementsprechend hat die Orgel meist mehrere Manuale (manus= die Hand), also Klaviaturen, die übereinander angeordnet sind und ein Pedal (pes = der Fuß), das vom Organisten mit den Füßen bedient wird. Da bei der Orgel für jeden Ton mindestens eine Pfeife eingesetzt wird, ist schon bei relativ kleineren Orgeln eine Pfeifenanzahl von 1000 und mehr keine Seltenheit. Die größten Pfeifen sind mehrere Meter lang, während die kleinsten manchmal nicht mal einen Zentimeter messen.
Ab wann kann man mit dem Orgelspiel beginnen?
Manche Lehrer nehmen keine Schüler an, wenn sie nicht schon zuvor ein gewisses Level am Klavier erreicht haben. Natürlich tut man sich dann im Unterricht leichter und man braucht nicht die Basics erklären. Andererseits hat das Orgelspiel nicht viel mit dem Klavierspiel zu tun, außer dass beide Instrumente Tasten haben. Bei der Orgel wird durch den Tastendruck ein Ventil geöffnet und beim Loslassen wieder geschlossen,hingegen wird beim Klavier durch den Tastenanschlag ein Hammer gegen die Saiten geschleudert. Dennoch ist es möglich sehr viel der Orgelliteratur am Klavier vorzubereiten, aber es ist unabdingbar hin und wieder an die Orgel zu gehen um die spezielle Technik und den Anschlag zu erlernen und zu trainieren.
Ein weiteres Kriterium für den Orgelunterricht sind die körperlichen Voraussetzungen der Schüler. Sie sollten eine gewisse Kraft in den Fingern haben, und groß genug sein um mit den Füßen das Pedal spielen zu können. Als Organist*in ist man immer gefragt. Sei es, einen Gottesdienst mitzugestalten, Hochzeiten oder Requien mitzugestalten, Solisten oder Chöre zu begleiten oder bei einem Konzert mitzuwirken. So kann man, fleißiges Üben vorausgesetzt, schon nach einigen Jahren Choräle der Gemeinde auf der Orgel begleiten und so sein Taschengeld aufbessern. Außerdem sind (Kirchen-) Organisten einer der wenigen Musiker, die jede Woche oft vor hunderten Zuhörern spielen können.
Wenn jetzt jemand bei „Orgelspieler“ die Klischeevorstellung des alten Oberlehrers, der Sonntags auch die Orgel spielen durfte vor sich hat, so liegt er vollkommen falsch. Das Kirchenmusikstudium ist eines der umfangreichsten und abwechslungsreichsten Studiengänge überhaupt und wenn man zur Kirchenmusik keinen Bezug hat, kann man ja immer noch Konzertfach Orgel studieren. Die Werke für Orgel reichen von der Renaissance bis in die Gegenwart und können durchaus auch jazzige Elemente enthalten, was man von einem Instrument, das immerhin schon seit über 2000 Jahren existiert nicht erwarten würde.
Stefan Seyfried
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